Der erste Abend der zwischenwege geht zu Ende, und bei YES I’M VERY TIRED NOW sind alle ein bisschen —
Öh, voll 80er halt. – Man wende ein Or der Menge zu, die ihrerseits den Darbietern von YES I’M VERY TIRED NOW aus St. Gallen lauscht. Die sind namentlich so ausschweifend, dass sie allein schon die komplizierte Abkürzung YIMVTN bemühen. YIMVTN sollte dem engagierten Publikum dann bald beiläufig über die Lippen gehen, und auch jetzt schon: Die O-Ton Kollekte erweist sich als sehr aufschlussreich, sieht man von dem leicht abschätzigen Tonfall mal ab – 80er halt. Ja, da ist das irgendwo Industrielle, (was wohl auch mit den vielmals entschuldigten Technikquerelen zusammenhängt), die klickernden Soundfetzen, die an abgerissene UKW Wellen denken lassen (auf rein unphysikalisch assoziative Weise). Alles handgemachte DIY-Improvisation, ob gewollt oder nicht, höchst charmant, diese Störgeräusche, ein bisschen Manchester eben.
Ein Mädchen wartet mit einem neuen Vergleich auf: Kennst du The XX, t h e X X ? Auch das, naheliegend: Währenddessen bereiten anschmiegsame Synthie-Klänge ein wohliges Bett für ausgelassene Gitarrenpassagen und einen Gesang, der spätestens in Paarung mit der akustischen Version des schwelgenden Common World in seiner breit angelegten Brüchigkeit teilweise an Matt Berninger (The National) denken lässt (weil referentielles fremdfischen von Seiten der Autorin irgendwann auch echt schäbig ist). So singt Marc Frischknecht in elegischer Inbrunst vom Anfang, vom Ende, vom wie es halt so ist und wie es auch irgendwann bleiben darf, und performt simultan das prickelnde Zusammen von Text und Musik in ordnenden Bewegungen aus. Darunter der Bass, der tapfer weiter brettert, – daher also die Müdigkeit? Keine Spur, das kritische Publikum vergisst seine Voreingenommenheit und tanzt die Vergeblichkeit, haucht ein laues uuuuhuuu in die Lagerfeuer/Diskokugel Romantik hinaus, feiert das postindustrielle Dasein nach der Arbeit, vor dem Schlafengehen.
Schön ist das. Und alles passt ganz wunderbar. Auch die Züge, die in denkwürdigen Abständen vorbeirauschen, unaufhaltsam, schrecklich pünktlich, beschwören düstere Schauer, die den Besuchern mahnend den Rücken streicheln. Selbst sie fügen sich ein in das Klangbild, irgendwie. Dabei haben sie offensichtlich vergessen: morgen ist Samstag – Der Verdienst des Abends, neben Kunst und Kultur und atemlosen Danksagungen : dem Maschinellen ein Schnippchen geschlagen zu haben ! HA!
TEXT: Vera Mader FOTO: Linda Baumgartner